Illegales Überwachungsvideo als Beweis für Kündigung?

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass Videoaufnahmen trotz DSGVO-Verstoß im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel zulässig sein können. Voraussetzung ist ein schweres Fehlverhalten. Datenschutz ist kein Täterschutz – ein Verwertungsverbot gilt nur bei gravierenden Grundrechtsverstößen.
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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass Videoaufzeichnungen, die möglicherweise gegen Datenschutzvorgaben verstoßen, im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses als Beweismittel verwertet werden dürfen – zumindest dann, wenn ein schweres Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Raum steht.

Der Fall: Arbeitnehmer verlässt Werksgelände ohne Abmeldung

Im konkreten Fall wurde einem Arbeitnehmer vorgeworfen, das Werksgelände unmittelbar nach dem Einloggen zur Arbeitszeit wieder verlassen zu haben – ohne sich abzumelden oder seine Arbeitszeit zu unterbrechen. Der Arbeitgeber konnte diesen Vorwurf durch Videoaufzeichnungen belegen.

Der betroffene Arbeitnehmer wehrte sich und argumentierte, dass die Überwachung gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoße. Deshalb dürften die Aufnahmen nicht im Verfahren verwendet werden.

Vorinstanzen: Beweisverwertungsverbot bejaht

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht gaben dem Arbeitnehmer recht. Sie stellten ein Beweisverwertungsverbot fest, weil die Videoüberwachung nicht den datenschutzrechtlichen Anforderungen genügt habe.

BAG: Datenschutz kein automatischer Täterschutz

Das Bundesarbeitsgericht hob die Entscheidung auf. Es betonte, dass die DSGVO einer Beweisverwertung im Einzelfall nicht zwingend entgegensteht. Wenn ein vorsätzliches Fehlverhalten im Raum steht, wie etwa das Erschleichen von Arbeitszeit, wiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Sachverhaltsaufklärung schwerer als das Datenschutzinteresse des Arbeitnehmers.

Ein Beweisverwertungsverbot könne nur dann angenommen werden, wenn eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung durch die Überwachung vorliegt – beispielsweise bei verdeckter Überwachung ohne konkreten Verdacht.

Verdeckte und offene Videoüberwachung: rechtliche Unterschiede

Laut BAG ist die offene Videoüberwachung ein zulässiges Mittel zur betrieblichen Sicherheit und zur Aufklärung von Pflichtverstößen. Die verdeckte Videoüberwachung hingegen bleibt nur in engen Ausnahmen zulässig – etwa zur Aufdeckung von Straftaten oder schwerwiegenden Pflichtverletzungen, wenn mildere Mittel nicht ausreichen.

Betriebsvereinbarung reicht nicht für Beweisverwertungsverbot

Interessant ist auch die Einschätzung des BAG, dass eine Betriebsvereinbarung allein kein Beweisverwertungsverbot begründen kann. Eine solche Vereinbarung sei für Gerichte nicht bindend, wenn es um die Verwertung von Beweisen im Kündigungsschutzprozess geht.

EuGH-Entscheidung zu DSGVO-Verstößen steht noch aus

Noch ungeklärt bleibt, ob der Europäische Gerichtshof (EuGH) aus einem Verstoß gegen die DSGVO ein generelles Verwertungsverbot ableiten wird. Das BAG bleibt mit seiner Entscheidung jedoch seiner Linie treu: Datenschutz ist kein absoluter Täterschutz, und Beweisverwertungsverbote sind die Ausnahme – nicht die Regel.

Zusammengefasst: Arbeitgeber dürfen Videoaufnahmen im Kündigungsprozess nutzen – unter Bedingungen

Mit diesem Urteil stärkt das BAG die Position von Arbeitgebern, wenn es um die Aufklärung schwerwiegender Pflichtverletzungen geht. Gleichzeitig wird deutlich, dass Videoüberwachung am Arbeitsplatz nur dann rechtlich zulässig ist, wenn sie transparent, zweckgebunden und verhältnismäßig erfolgt.

Tipp für Arbeitgeber: Videoüberwachung sollte stets gut dokumentiert, auf das Notwendige beschränkt und – wenn möglich – durch Betriebsvereinbarungen ergänzt werden.

Tipp für Arbeitnehmer: Wer sich gegen Videoüberwachung am Arbeitsplatz wehren möchte, sollte frühzeitig rechtliche Beratung einholen – besonders, wenn die Aufnahmen zur Rechtfertigung einer Kündigung herangezogen werden.

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